Meins!

Wer teilt schon gerne? Jedenfalls nicht die kleine Sally. Als sie erfährt, dass ihr Freund Nico zum Spielen kommt, sagt sie sofort: „Aber das Eichhörnchen darf er nicht haben.“ Das gehöre nämlich ganz alleine ihr. Zum Glück hat Mama eine Idee. Das Kuscheltier kommt in den Schrank, bis Nico wieder weg ist. Problem gelöst? Natürlich nicht, denn Sally nennt ja noch viel mehr Dinge ihr Eigen. Da wären: die Eisenbahn, die Parkgarage, das Bild mit den Hundewelpen, die Lieblings-Legoburg, das Angelspiel…
Am Ende landen sogar der Kühlschrank, die Toilette und Sally Mama im Schrank. Zuletzt auch Nico selbst. Aber so ganz allein ist es dann auch ziemlich langweilig. Und was machen die da drinnen im Schrank eigentlich alle zusammen?

Unterstützt wird diese herrlich abgedrehte Geschichte übers Nicht-teilen-wollen von den frech-fröhlichen Zeichnungen von Charlotte Ramel mit abstrusen Größenverhältnissen zwischen Menschen und Dingen. Ja, manchmal muss man ein Phänomen ins Groteske steigern, um seinen Kern sichtbar zu machen. Das gelingt Autorin Klara Persson hier ganz wunderbar und ohne erhobenen Zeigefinger. Genial!

Keine Party ist auch keine Lösung

„Ich heiße Jagoda, das ist Polnisch für Blaubeere, und an alle Erwachsenen, die hier mitlesen: Es ist nicht cool, Kinder wie ‘ne Obstsorte zu nennen. Wie Gemüse auch nicht. Sagt das gern weiter, ich weiß, wovon ich spreche.“

Ihr Name ist gerade Jagodas kleinstes Problem. Viel schlimmer: Sie hat Mia aus ihrer Klasse zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen, obwohl es gar keine gibt! Aus gutem Grund, denn Jagoda wohnt mit ihrer Mama in einem Frauenhaus. Das darf niemand wissen, damit ihr Papa sie nicht findet. Geburtstag im Frauenhaus? Unmöglich! Aber keine Party ist auch keine Lösung, denn sonst wird Mia vielleicht nicht Jagodas Freundin. Ein verdammt guter Plan muss her, und Jagoda rennt die Zeit weg. Aber geht nicht, gibt’s nicht, sagt ihre Babcia immer. Also wird Jagoda in vier Tagen und mit null Euro die beste Party überhaupt schmeißen!

Federleicht und ziemlich cool lässt Anna Maria Praßler ihre Protagonistin diese Geschichte erzählen. Dass sie wiederholt und permanent auf der Flucht vor ihrem eigenen Vater ist, nimmt sie mit kindlichem Fatalismus als gegeben hin und lässt nicht eine Minute Mitleid aufkommen. Jenseits von Klischee und Tristesse wird jungen LeserInnen ein Lebensraum geöffnet, dessen Türen sonst fest verschlossen sind. Ein optimistisches, sensibilisierendes Buch ab 9 Jahren.

Schau genau hin

„Schau genau hin: wenn du ein Blatt mit einem Loch findest; wenn du einen Ast voller Moos oder Flechten entdeckst; wenn du ein Spinnennetz siehst“ – Giselle Clarkson entführt uns in die faszinierende Welt der kleinen Kreaturen und zeigt, wie spannend es sein kann, die Natur ganz nah zu betrachten. Genau richtig für alle, die erfahren wollen, was sich unter Töpfen und Blättern, in Pfützen oder in feuchten Winkeln verbirgt. Mit witzigen Comics und ungewöhnlichen Bildern macht das Buch komplexe Themen leicht verständlich und ist eine Einladung, die Welt mit ganz anderen Augen zu sehen.

Eine brillante Mischung aus Fakten und Humor. Und ein Buch, das ganz wunderbar in den Frühling passt!

Winterkind und Herr Jemineh


„Eines kalten Wintermorgens erwachte in der Winterstadt das Mädchen Winterkind. Sie rieb sich die Augen, gähnte, streckte sich und wartete. Doch nichts passierte. Sie gähnte und streckte sich noch einmal, doch es geschah immer noch nichts. Erst als Winterkind zum dritten Mal gegähnt und sich gestreckt hatte, meldete sich eine meckernde Stimme. „Herrjemine! Hör endlich auf, ich bin doch schon wach!“

So beginnt die abenteuerliche Geschichte von Winterkind und Herrn Jemineh – ein fingerlanger Mann mit Hut, der in Winterkinds Tasche wohnt. Obwohl Herr Jemineh meist schlecht gelaunt ist, ist er der beste Freund, den Winterkind hat. Und manchmal hat er eine Idee, wenn das Mädchen nicht weiterweiß. Die beiden treffen interessante Leute, finden magische Dinge und besteigen schließlich ein Schiff, das sie bis ans Ende der Welt bringen wird. Sie lernen schöne und traurige Gefühle kennen und dass man mit Wörtern lustige Sachen machen kann.

Das Buch ist ein Abenteuerroman für Leute ab 5 – also für Kinder, aber eben nicht nur. Und es wurde so toll von Elinor Weise illustriert, dass vermutlich nicht mal Herr Jemineh was zu meckern hat.

Ameisen in Adas Bauch

Wenn Ada aufgeregt ist, kribbelt es in ihrem Bauch. Das fühlt sich ungefähr an wie hunderttausend bis sieben Millionen Ameisen – so groß ist ein Ameisenstaat. Ob es um Wut auf den kleinen Bruder oder die kneifende Eifersucht auf Leila geht, um ein vielleicht lebendiges Geburtstagsgeschenk oder einen blöden Streit. Zum Glück säuselt es manchmal auch ganz wohlig im Bauch. Dann überkommt Ada ein Schokoladenkuchengefühl und damit Mut, Vertrauen oder das beruhigende Wissen um die unsterbliche Seele eines Huhns.

Stefanie Höfler sammelt in ihrem neuesten Kinderbuch „Ameisen in Adas Bauch“ berührende Alltagsmomente, die von durcheinanderwirbelnden Gefühlen und Stimmungen erzählen, von heiter bis wolkig, von ängstlich bis glücklich. Das ist warm und tröstlich. Die Zuversicht überträgt sich auf die Leser:innen und mit den vielen bunten Luftballons fliegt auch die Angst vor dem ersten Schultag davon.
Entlang der zart-poetischen Bilder und Comics von Philip Waechter entfalten sich kleine Episoden voller Witz und Empathie zu einer großen Vorlese-Geschichte für Kinder ab 5 Jahren. Wunderbar!

Kanak Kids

Zwei Freundeskreise, zwei Welten, zwei Sprachen, zwei Identitäten. Die sechzehnjährige Dessi führt ein Doppelleben, verlässt morgens die Hochhaussiedlung, kleidet sich in der U-Bahnstation neu ein und besucht ein Gymnasium in der Münchener Innenstadt. Sie verheimlicht ihren Status als Migrantin, spricht Hochdeutsch, um dann nach Schulschluss in ihr altes Leben zurückzukehren. Dessi ist eine junge, redegewandte Frau, die sich schlagfertig in beiden Lebensrealitäten bewegt. Bis Bo, ihr Nachbar und Mitschüler, sie bei ihrer Verwandlung erwischt. Bo ist der Einzige, der beide Seiten von Dessi kennt. Wird es Dessi gelingen, Bo davon zu überzeugen, ihr Geheimnis zu bewahren? Oder werden ihre beiden Welten unvermeidlich aufeinanderprallen?

Ein Roman wie ein Feuerwerk, voller popkultureller Anspielungen. Der Autorin gelingt es, Migrationserfahrungen in den Fokus zu rücken, vom Alltagsrassismus zu erzählen und eine starke migrantische Hauptfigur zu präsentieren. Dabei ist „Kanak Kids“ kein schweres Drama. Es ist „eine Culture-Clash-Comedy zum Lachen und Weinen“. Der Plot ist dynamisch, die Dialoge sind peppig, die Figuren schräg und liebenswert zugleich.

Ein unbedingter Lesetipp ab 14 Jahren.

Regenwurm und Anakonda

Die Autorin Bibi Dumont Tak und die Illustratorin Annemarie van Haeringen lassen Referate über ihre Artgenossen halten.
Viel Wissenswertes witzig erzählt, für alle Naturfreunde, ob klein oder groß!

»Hallo, ich bin ein Gewöhnlicher Putzerfisch und halte heute ein Referat über den Hai.«

Die Tiere beschließen: Es wird Zeit, dass sie mal selbst über sich erzählen. Der Mensch sieht schließlich alles nur durch seine eigene Brille. Das Zebra hält seine Rede über schwarz-weiße Tiere, der Totenkopffalter weiß alles über das Totenkopfäffchen und die Geburtshelferkröte findet bei der Nachwuchspflege einige Parallelen zwischen sich und dem Koala. Dass der Maulwurf mit der Schnake über eine seiner Mahlzeiten spricht, löst erste Proteste im Publikum aus. Als der Fuchs dann in seinem Vortrag den Hals als die Schwachstelle bei Gänsen ausmacht und auch noch deren köstliches Brustfleisch lobt, gehen endgültig die Wogen hoch.
Nicht nur die anderen Tiere, sondern auch wir Menschen erfahren jede Menge Erstaunliches, Lustiges und Lehrreiches darüber, was es für Tiere auf der Welt gibt, wo und wie sie leben und vieles mehr. Hättest Du gewusst, dass es nur 6 ausschließlich schwarz-weiße Tierarten gibt? Und dass der Blaue Drache kein Fabeltier, sondern eine Nacktschnecke ist?

Eins der ungewöhnlichsten und schönsten Vorlesebücher seit langem. Überraschend, lustig und kenntnisreich. Einfach tierisch gut!


Auch am Tag leuchten die Sterne

Dieses Buch ist eine emotionale Achterbahnfahrt (im besten Sinne). Es erzählt vom magischen Sommer nach dem Schulabschluss, von Neuanfängen und den ersten Schritten ins eigene Leben. Und es erzählt vom Abschied, denn Mias Freund Are erhält eine furchtbare Diagnose.

„Eine super Geschichte, die für alle Leute etwas mitbringt“, schreibt unsere Jugendbuchexpertin Eva (14). „Als Mia mit ihrer besten Freundin Else allein in die nächstgelegene Großstadt zieht, verändert sich ihr ganzes Leben. Nicht nur die neue aufregende Musikschule auf die sie geht, auch die verwirrenden Gefühle zu ihrem besten Freund Are und dann auch noch zum Zwölftklässler Aldin bringen sie durcheinander. Als Are dann auch noch die Diagnose Krebs kriegt, weiß Mia endgültig nicht wie sie weitermachen soll. 

In diesem Buch werden die Gedanken der 16jährigen Mia wunderschön erzählt und man kann sich super in sie hineinversetzen. Dabei geht es viel um Musik und es gibt einige berührende Gedichte und Songtexte im Buch und viele wichtige Themen eines Teenagers werden angesprochen. Die Verwirrtheit, Zukunftsängste, erste Liebe und Gefühle, Freundschaften und auch Verluste. Die Beschreibungen vom Übergang der Jahreszeiten fand ich sehr schön. Ich habe beim Lesen selber viele Emotionen verspürt und konnte gut mitfühlen. Das Buch ist sehr einfach und schnell zu lesen, durch die kurzen Kapitel und ist nicht unnötig aufgeblasen. Danke für das super Buch!“

Toni sieht alles

„Das Mädchen hat eindeutig zu viel Fantasie!“ Diesen Satz hört die achtjährige Toni ständig. Dabei ist sie einfach eine ausgezeichnete Beobachterin. Als sie mit ihrer Mutter umzieht, spürt sie deshalb sofort, dass in der neuen Nachbarschaft Merkwürdiges passiert. Toni ist sich sicher: Die Bank gegenüber der Wohnung, in der sie und ihre Mutter gerade eingezogen sind, ist ganz eindeutig Ziel finsterer Bösewichte. Und die Hinweise auf ein bevorstehendes Verbrechen häufen sich …
Nur zu dumm, dass nicht einmal Mama Tonis Beobachtungen richtig ernst nimmt. Doch Toni täuscht sich nicht. In der Wohnung im Erdgeschoss ihres Mietshauses passieren tatsächlich merkwürdige Dinge. Toni muss versuchen, einen Bankraub zu verhindern.

Dieser farbig illustrierte Krimi ermutigt Kinder dazu, an sich zu glauben und ihren Beobachtungen zu vertrauen. Genaues Hinschauen und Mitdenken kann nicht schaden. Und kann man tatsächlich zu viel Fantasie haben? Auf gar keinen Fall! Das vergnügliche kleine Detektivabenteuer gibt der Lust am Geschichtenerfinden Raum und fordert zum Mitdenken und Kombinieren auf. Schließlich hat sogar Sherlock mal klein angefangen …

Zum Vorlesen ab 6 Jahren, zum Selberlesen ab etwa 8 Jahren.